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Diagnostik - Wie es nach dem Erstverdacht weiterging


Nach den ersten Untersuchungen bei meiner Frauenärztin und meinem Hausarzt hatte sich der Verdacht gefestigt und ich erhielt eine Überweisung an das Uniklinikum Tübingen zur weiteren Diagnostik.

Einen Termin in der Tübinger Onkologie-Ambulanz bekam ich allerdings erst am 05.07.

Demnach musste ich eine weitere Woche warten, konfrontiert mit einer erdrückenden Ungewissheit und ausreichend Zeit für das Ausbrüten eigener Gruseltheorien und Horrorszenarien.

Einerseits will man die endgültige Diagnose noch ein wenig von sich weghalten, andererseits will man es so schnell wie möglich hinter sich bringen, der Realität ins Auge blicken und endlich erste Schritte Richtung Gesundung machen.


An dieser Stelle ein kleiner gut gemeinter Rat.

Wir alle kennen ja Dr. Google und das Phänomen „Ich sterbe in den nächsten Stunden“, wenn man nach Ursachen für Schmerzen, o.ä. im Internet sucht.

Deshalb lest Beiträge seriöser Internetseiten (z.B. deutsche Krebshilfe) die auf wissenschaftlichen Tatsachen basieren. Bewegt euch lieber nicht in Foren, denn hier lest ihr echt die schlimmsten Geschichten, die euch mehr verunsichern als weiterhelfen.

In einem Forum schreibt niemand, weil bei ihm alles super läuft.

Jeder Krankheitsverlauf ist individuell – auch bei gleicher Diagnose -, daher ist es sowieso schwierig von anderen auf sich selbst zu schließen.

Also wenn ihr euch wegen irgendwas unsicher seid, dann ruft euren Arzt lieber fünfmal zu viel an, als in irgendwelchen Foren nach Antworten zu suchen.


Erste Blutabnahme (28.06)

Um die Woche Wartezeit auch in irgendeiner Hinsicht effektiv zu nutzen, beorderte Tübingen eine vorgezogene Blutentnahme bei meinem Hausarzt, zur Untersuchung des Blutes auf Infektionskrankheiten wie z.B. dem Ebstein-Baar-Virus oder HIV.

Das Ergebnis war negativ, keine Infektion.

Dennoch waren einige Blutwerte deutlich erhöht und wiesen auf eine Entzündungsreaktion des Körpers hin. Auch bei einer Krebserkrankung erfolgt eine solche Entzündungsreaktion, da der Körper auf die „bösen“ Zellen wie auf einfache Entzündung reagiert und so versucht diese zu bekämpfen.


Der Ersttermin/Vorstellung in Tübinger Onkologie-Ambulanz (05.07)

Am 05.07. hatte mein Papa Geburtstag und ich den ersten Termin in der Onkologie-Ambulanz am Uniklinikum Tübingen.

Ich lernte meinen zuständigen Oberarzt kennen, der glücklicherweise total nett war, eine angenehme Ruhe ausstrahlte und sich wirklich viel Zeit für mich, meine Eltern und unsere Frage nahm.

Er schätzte den Verdacht als realistisch ein und erklärte mir das weitere Procedere.

Zur Diagnose und genauen Bestimmung der Krebsart war eine Biopsie (Gewebsentnahme) eines Lymphknotens notwendig und diese sollte gleich am nächsten Tag stattfinden.

Oft wird ein ganzer Lymphknoten entnommen, allerdings kann durch die Biopsie/Punktion eine größere Narbe und Operation umgegangen werden. Jedoch sind Verwertbarkeit und Aussagekraft der Probe bei der Biopsie nicht immer zu 100 % geboten.

Anschließend wurde ich zu weiteren Untersuchungen geschickt:

Röntgen des Thorax (Brustkorb), erneute Sonographie (Ultraschall) von Hals, Bauchraum und Leiste um a) einen möglichen Lymphknoten für die geplante Biopsie ausfindig zu machen und b) befallene Lymphknoten an Leiste /Organen auszuschließen.


Lymphknotenbiopsie (06.07)

Am 06.07 hatte mein Bruder Geburtstag und ich die geplante Lymphknotenbiopsie.

Was passiert bei einer Biopsie?

Bei einer Biopsie, werden aus einem Lymphknoten Proben gestanzt, die anschließend in der Pathologie ausgewertet werden und Erkenntnis über die genaue Art des Krebses geben.

Gestanzt wurde mein größter Lymphknoten, der rechts etwas unterhalb der Achsel sitzt.

Die Biopsie fand unter örtlicher Betäubung statt und dauerte ca. eine halbe Stunde.

Obwohl ich im Voraus aufgeklärt wurde, wusste ich während des Eingriffes gar nicht so genau was passierte, keiner redete mit mir. Die Stimmung war allgemein denkbar angespannt, da mich der behandelnde Arzt zwischengeschoben hatte und unter Zeitdruck stand.

Letztendlich lief aber alles nach Plan, der Lymphknoten wurde 5 Mal gestanzt und die Proben wurden als brauchbar eingeschätzt. Nach der Biopsie kam ich zur Überwachung auf Station und wurde nach drei Stunden wieder nach Hause entlassen .

Nun hieß es Warten auf die Ergebnisse (mal wieder).

Am folgenden Dienstag rief der Oberarzt an:

Die Pathologie sei zwar noch nicht vollständig beendet aber es ist trotzdem schon eindeutig erkennbar, dass es sich um ein klassisches Hodgkin-Lymphom handelt.

Nun hatte ich die Diagnose und war dem Therapiebeginn schon einen Schritt näher.


Das PET/CT (12.07)

Die Diagnose stand, also konnte die nächste Untersuchung geplant werden – das PET/CT.

Es ist notwendig zur Festlegung des Stadiums, d.h. es macht Aussage über die Ausprägung und Verbreitung des Hodgkin Lymphoms im Körper.

Da die Therapie stadienspezifisch erfolgt und sich die Erkrankung im ganzen Körper ausbreiten kann, ist das PET/CT unabdingbar.


Was ist ein PET-CT?

Das PET-CT ist eine Kombi aus der Positronen-Emissions-Tomographie (PET) und der Computertomographie (CT), bei der beide Verfahren gleichzeitig stattfinden und am Ende ein Fusionsbild liefern.

Für ein PET werden einem geringe Mengen eines radioaktiv markierten Zuckers gespritzt.

Mit dessen Hilfe können Stoffwechselvorgänge im Körper sichtbar gemacht werden. Tumorzellen weisen dabei einen erhöhten Stoffwechsel auf und „leuchten“ im Bild.

Das CT bildet das Körperinnere dreidimensional ab und fungiert durch die Röntgenstrahlen wie eine präzise Landkarte.

Im Fusionsbild ist dadurch genau erkennbar, wo sich der Gewebebereich mit der erhöhten Stoffwechselaktivität im Körper befindet.

Die Untersuchung an sich ist ziemlich unspektakulär und dauert ungefähr eine halbe Stunde.

Allerdings muss man, nachdem man den Zucker gespritzt bekommt, eine Stunde warten und zudem ein echt ekliges Kontrastmittel trinken.

Während der Untersuchung selbst, liegt man auf einer Liege, wird in eine Vakuummatratze eingesogen, darf sich nicht bewegen und wird etappenweise durch eine Röhre geschoben -ziemlich unspektakulär solange man keine Platzangst hat.

Wie so oft, musste ich auch nach dem PET/CT wieder auf einen Anruf von meinem Arzt mit den Ergebnissen warten. Dieses Warten war wahrscheinlich das unerträglichste, da ich ja überhaupt keine Ahnung hatte, wo der Krebs überall sitzt.

Zum Glück wurde ich gleich am nächsten Tag angerufen:

Einige Manifestation in Oberkörper, Hals, Nacken, Infiltration des Brustmuskels und Brustbeins – alles oberhalb des Zwerchfells. (Grenzbereich zwischen Stadium 2AE und 4A)

Zudem saß ein Knoten in der Brust, der nochmals zusätzlicher Diagnostik durch einen Gynäkologen bedarf, um sicher zu gehen, dass es sich nicht um Brustkrebs handelt.


Frauenklinik - Untersuchung Lymphknoten in Brust & OP-Erstgespräch (17.07)

Am 17.07 hatte ich zwei Termine in der Frauenklinik in Tübingen:

Zum einen ein Aufklärungsgespräch über fruchtbarkeitserhaltende Maßnahmen vor der Chemo, zum anderen die Untersuchung des Knotens in der Brust.

Letzteres fand im Brustzentrum der Frauenklinik statt.

Ich war mal wieder total aufgeregt, die Wahrscheinlichkeit, dass es sich um zusätzlichen Brustkrebs (Mamma-CA) handelt war zwar extrem niedrig, aber nicht ausgeschlossen.

Die Gynäkologin untersuchte beide Brüste sonographisch und konnte einen Mamma-CA erfreulicherweise direkt ausschließen, da sich der Knoten eindeutig als Lymphknoten darstellte.

Dennoch wollte die Ärztin zur „300%-Sicherheit“ eine Gewebeprobe der Haut (Hautpunch) entnehmen, um eine spezielle Art des Brustkrebs ausschließen zu können. Also unterschrieb ich schnell die nötigen Unterlagen, die lokale Betäubung wurde gespritzt, unterhalb der Brust wurde ein Schnitt gesetzt, das Gewebe wurde entnommen, der Schnitt wurde zugenäht und ich konnte 15 Minuten später das Arztzimmer mit einer Narbe mehr verlassen.


Anschließend hatte ich das Gespräch über fruchbarkeitserhaltende Maßnahmen im Kinderwunschzentrum, da die Chemo in vielen Fällen unfruchtbar macht.

In den folgenden Tagen hatte ich dann eine OP zur Konservierung von Eierstockgewebe.

Über das Thema „Krebs und Kinderwunsch“ und meine Erfahrungen damit, werde ich allerdings noch einen eigenen Blogeintrag verfassen.


Letztes Arztgespräch vor der Chemo (EKG, Lungenfunktionstest, Echokardiographie)

Das Ergebnis des Hautpunch war negativ – der Knoten in der Brust war „nur“ Hodgkin.

Endlich waren alle Eventualitäten geprüft und beseitigt, sodass die Diagnose umfassend und endgültig stand.

Allerdings musste ich auf die Therapieempfehlung noch eine gefühlte Ewigkeit warten, da Tübingen mit Referenzradiologen einer anderen Klinik Rücksprache halten musste, welche endgültige Stadieneinteilung (bis jetzt hieß es noch Grenzbereich zw. 2AE und 4A) in Hinsicht auf eine eventuelle Bestrahlung sinnvoll und vertretbar wäre.

Als auch hier eine Entscheidung fiel, ging alles ziemlich schnell.

Am 27.07 hatte ich das abschließende Arztgespräch vor der Therapie und letzte vorbereitende Routineuntersuchungen (EKG, Lungenfunktionstest, Echokardiopraphie = Herzultraschall).

Im Zuge dessen, wurde mir eine Studie zur Therapieoptimierung (HD21) vorgestellt.

Hierbei erhält der experimentelle Arm 4-6 Zyklen BrECADD, wobei der standardisierte Arm 4-6 Zyklen BEACOPPeskaliert erhält.

Diese beiden Chemotherapeschemata unterscheiden sich lediglich in der Medikamenten-zusammensetzung, jedoch nicht in der Wirkung.

Ziel der Studie ist, die Nebenwirkung lang- und kurzfristig zu minimieren.

Ich habe mich für die Teilnahme an der Studie entschieden, da ich keine Nachteile für mich erkennen konnte und daher gerne einen Beitrag zum medizinischen Fortschritt leisten wollte.

Tatsächlich bin ich nun im experimentellen Arm und habe bis jetzt 4 Zyklen BrECADD erhalten.


Schon drei Tage später, wurde ich stationär aufgenommen und bekam die allererste Chemotherapie.

 
 
 

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